Tui zahlt Teil der Staatshilfen zurück

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Tui ist dabei, sich von der Coronakrise zu erholen. Foto: Tui Group
Tui ist dabei, sich von der Coronakrise zu erholen. Foto: Tui Group

700 Millionen Euro: So viel Kapital aus den Staatshilfen will Tui schon im April dieses Jahres wieder zurückzahlen. Das gab der Reisekonzern am heutigen Dienstag bei der Vorlage der Quartalszahlen bekannt. Wann weitere Tranchen zurückgezahlt werden können, ließen die Hannoveraner offen. Insgesamt hatte Tui seit Beginn der Coronakrise weit über 4 Milliarden Euro von der KfW und der Bundesregierung erhalten. Hinzu kommen weitere Milliarden aus Wandelanleihen und einer im Oktober durchgeführten Kapitalerhöhung.

Tui verfünffacht Quartalsumsatz

Möglich wird die frühe Rückzahlung durch Tuis Geschäftsentwicklung: Das erste Quartal 2022 lief für die Corona-gebeutelten Hannoveraner gut. Im ersten Quartal des neuen Jahres erzielte Tui einen Umsatz von 2,37 Milliarden Euro – eine Verfünffachung im Vergleich zum Vorjahresquartal, als Tui auf gerade einmal 468 Millionen Euro Umsatz kam. Der Vergleich ist jedoch mit Vorsicht zu genießen, spürte Tui Anfang des vergangenen Jahres noch deutlich die Auswirkungen der Coronakrise.

„Das erste Quartal des Geschäftsjahres 2022 weist auch für den Tui Konzern den nächsten Schritt aus der Pandemie. Der Markt ist intakt, die Nachfrage ist da“, freut sich das Unternehmen dennoch über die positiven Zahlen. Laut Tui sind im ersten Quartal mehr als viermal so viele Gäste wie im Vorjahresquartal mit Tui verreist. Auch das Buchungsniveau für den Sommer 2022 scheint gute Aussichten zu versprechen: So haben dem Konzern zufolge bis zum 30. Januar 2022 3,5 Millionen Kunden eine Sommerreise gebucht. Gemessen am Niveau vom Sommer 2019 entspricht dies einem Anteil von mehr als zwei Drittel. Daher rechnet Tui damit, dass der Sommer 2022 das Vorkrisenniveau erreichen könnte.

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„Wir erwarten einen starken Sommer 2022. Es gibt einen Nachholbedarf bei den Kunden. Das sehen wir in allen europäischen Quellmärkten. Die beiden letzten Geschäftsquartale haben gezeigt, dass der Konzern sich immer weiter stabilisiert“, lässt sich Tui-Chef Fritz Joussen zitieren. Die Kunden würden höherwertigere Reisen und mehr Zusatzleistungen buchen und zudem ein höheres Budget pro Reise einplanen, so Tui. Die Durchschnittspreise lägen 22 Prozent über dem Vorjahresniveau. Dies kurbele das Reisegeschäft an.

„Kreuzfahren“ und „Tui Musement“ schreiben rote Zahlen

Allerdings entwickeln sich nicht alle Tui-Segmente gleich stark. Während das Segment „Hotels & Resorts“ von Oktober bis Dezember 2021 einen bereinigten Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) von 61 Millionen Euro erzielte – laut Tui das zweite positive Ergebnis seit Beginn der Pandemie – verbuchte das Segment „Kreuzfahrten“ in dem Zeitraum einen Verlust von 32 Millionen Euro. Auch der Bereich „Tui Musement“, in dem die Hannoveraner Touren und Aktivitäten anbieten, schrieb im ersten Quartal mit 13 Millionen Euro rote Zahlen.

Insgesamt schafft es Tui damit im ersten Quartal 2022 nicht, wieder in die schwarzen Zahlen zu kommen. Unter dem Strich steht ein Konzernverlust von 274 Millionen Euro. Immerhin: Im Vorjahresquartal lag der Verlust noch bei 676 Millionen Euro. Das liegt daran, dass alle drei Bereiche im Vorjahresvergleich zugelegt haben. „Hotels & Resorts“ schrieb im ersten Quartal 2021 noch einen Verlust von 96 Millionen Euro, im Segment „Kreuzfahrten“ standen minus 98 Millionen Euro zu Buche. „Tui Musement“ kam in dem Zeitraum auf einen Verlust von 33 Millionen Euro.

Steigt der Bund bei Tui ein?

Nicht nur die Geschäftszahlen haben sich in den vergangenen Monaten verbessert. Auch die Liquiditätslage des Konzerns ist ein Stückweit stabilisiert. Zum 4. Februar beliefen sich die Finanzmittel auf 3,3 Milliarden Euro, das Eigenkapital der Tui AG betrug 4 Milliarden Euro. Das Eigenkapital des Konzerns ist mit 400 Millionen Euro ebenfalls positiv. Wie lange das Kapital reicht und ob Tui weiteres Geld braucht, ist aber offen.

Allerdings ist Tui in den vergangenen Monaten nicht untätig geblieben. Der Konzern hat die Pandemiezeit nach eigenen Angaben zur Transformation genutzt und mittlerweile „alle Maßnahmen des 2020 eingeleiteten Effizienzprogramms implementiert“. Das Ergebnis: Schon im laufenden Geschäftsjahr soll das Kostensenkungsziel zu 90 Prozent erreicht werden. Ab 2023 will der Konzern jährlich 400 Millionen Euro an Kosten einsparen.

Wenngleich der Reisekonzern wieder Licht am Ende des Tunnels sieht – über den Berg ist er noch nicht. Vor allem die Rückzahlung der Zinslast der aufgenommenen Finanzmittel könnten für Tui noch anstrengend werden. Entgegenkommen könnte dem die Bundesregierung: Ihr Rettungspaket beinhaltet die Möglichkeit, auf (einen Teil der) Rückzahlung zu verzichten und die milliardenschwere stille Beteiligung stattdessen in Aktien umzuwandeln. Der Staat kann somit mit bis zu 25 Prozent plus einer Aktie bei dem Reisekonzern einsteigen. „Es ist zu vermuten, dass der Staat konvertiert“, wird Joussen von Medien zitiert.

olivia.harder[at]finance-magazin.de

Olivia Harder ist Redakteurin bei FINANCE sowie Chefin vom Dienst bei FINANCE-Online und verfolgt schwerpunktmäßig die aktuellen Entwicklungen im Private-Equity- und M&A-Geschäft. Sie hat Philosophie, Politikwissenschaften, Soziologie und Geographie an der Justus-Liebig-Universität in Gießen studiert, wo sie auch einen Lehrauftrag innehatte. Vor FINANCE arbeitete Olivia Harder in den Redaktionen mehrerer Wochen- und Tageszeitungen, unter anderem beim Gießener Anzeiger.