Bayern München ist unter allen deutschen Bundesligaklubs am besten aufgestellt, was das Management angeht – allerdings mit erstaunlich wenig Vorsprung. Dies zeigt eine groß angelegte Analyse der Business-School HHL Leipzig, die FINANCE vorliegt. Die beiden HHL-Betriebswirte Henning Zülch und Moritz Palme haben mit Hilfe eines Scoring-Modells bewertet, wie professionell die 18 letztjährigen Bundesligaklubs plus die beiden Aufsteiger VfB Stuttgart und Hannover 96 aufgestellt sind. Die von der HHL entwickelte „Scorecard“ umfasst die Kategorien Finanzielle Leistungsfähigkeit, sportlicher Erfolg, Fanwohlmaximierung sowie Führung und Governance.
In Summe geht Bayern München mit einem Ergebnis von 79 Prozent der maximal erreichbaren Punkte gerade noch als Erster durchs Ziel. Borussia Dortmund liegt mit 78,9 Prozent aber nahezu gleichauf. Auf den nächsten Plätzen folgen Schalke 04 (62,7 Prozent), Borussia Mönchengladbach (60,4 Prozent) und der 1.FC Köln (56,4 Prozent). Die drei „Abstiegsplätze“ im Management-Ranking belegen RB Leipzig (37,3 Prozent), der FC Ingolstadt (29,0 Prozent) und Darmstadt 98 (17,6 Prozent).
Eintracht Frankfurt überrascht mit hoher Transparenz
Teils überraschend ist, welche Klubs in welchen Bereichen besonders gut beziehungsweise schlecht abschneiden. So hat der FC Bayern seine Spitzenposition seiner weit über den anderen Bundesligavereinen stehenden finanziellen Performance zu verdanken. Hier erreichen die Bayern einen Wert von 92 Prozent. Auch im Bereich „Fanwohlmaximierung“ dominiert der Rekordmeister mit 77 Prozent das Management-Ranking. Schwächen attestiert die HHL Leipzig den Bayern hingegen bei Führung und Governance, wo sie mit 78 Prozent deutlich hinter Borussia Dortmund zurückliegen (89 Prozent). Hier dürfte die Börsennotierung eine wichtige Rolle spielen, die den BVB zu deutlich mehr Transparenz und Compliance verpflichtet als den nicht am Kapitalmarkt notierten FC Bayern.
Auch der seit seiner ersten Anleiheeemission 2012 ebenfalls am Kapitalmarkt vertretene Revierklub Schalke 04 punktet in den Bereichen Finanzkraft (73 Prozent) und Governance (69 Prozent). Überraschend hohe Werte bei Führung und Governance erreichen auch der 1.FC Köln (64 Prozent) und Eintracht Frankfurt (65 Prozent). Eintracht Frankfurt – wegen bestenfalls durchschnittlicher Finanzen und mäßigen sportlichen Erfolgen in der Gesamtbetrachtung lediglich im Mittelfeld – glänzt nach Beurteilung der HHL durch die ligaweit nahezu beste Transparenz sowie starke Führungsstrukturen. Schalke 04 erhält bei der Internationalisierung den zweitbesten Wert nach Bayern München.
Schlechte Noten für den HSV
In vielen Bereichen weit zurück liegen die beiden Bundesligaabsteiger FC Ingolstadt und Darmstadt 98. Darmstadt ist in den Bereichen Finanzperformance (14 Prozent) sowie Fanwohlmaximierung (30 Prozent) abgeschlagener Letzter. Beim Thema Führung und Governance teilt Darmstadt sich den letzten Platz mit Mainz 05 (beide 21 Prozent). Der FC Ingolstadt punktet mit vergleichsweise guter Governance (41 Prozent), liegt in den übrigen Feldern aber ebenfalls weit zurück.
RB Leipzig kann sich allein dank der erstaunlich schnellen sportlichen Entwicklung (50 Prozent) über den beiden Absteigern halten. In allen anderen Bereichen stellen Zülch und Palme dem Klub aus ihrer Stadt ein schlechtes Zeugnis aus: Finanzperformance (24 Prozent) und Fanwohlmaximierung (36 Prozent) sind jeweils auf dem zweitletzten Platz, bei Führung und Governance schneiden nur Darmstadt, Mainz und die TSG Hoffenheim schlechter ab als RB Leipzig. Verheerend schlechte Werte verzeichnet RB Leipzig in den Subkategorien Wachstum/Profitabilität (19 Prozent) und Transparenz (0 Prozent).
Der von den beiden Studienautoren als „Sorgenkind der Liga“ bezeichnete Hamburger SV erreicht im Gesamt-Ranking den 13. Platz, eingerahmt vom SC Freiburg und dem FSV Mainz 05. Die Hamburger schneiden schlecht bis miserabel in den Kategorien Sportlicher Erfolg, Social Responsibility, Board Quality und Transparenz ab, retten sich aber erstaunlicherweise durch eine von der HHL Leipzig attestierte überdurchschnittlich gute Finanzperformance. Dies liegt allerdings weniger an den harten Bilanzkennzahlen – der HSV ist hoch verschuldet –, sondern an Erfolgen bei der Pflege und Internationalisierung der Marke HSV.
Info
Wie der Fußball-Boom die Finanzlage der Liga und der einzelnen Bundesligaklubs beeinflusst, ist Titelthema der nächsten Print-Ausgabe des FINANCE-Magazins, die am 7. September erscheint.
Regelmäßige Finanzanalysen zu den Bundesligaklubs finden sich im FINANCE-Blog „3. Halbzeit“.